Ein Besuch beim «Master of Cheese Design» – Hans-Peter Bachmann

Simmentaler Original - Dezember 2021

Zwischen dem Stadtzentrum Bern sowie Köniz liegt das Liebefeld Quartier. Neben heute 3 Bundesämtern (Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen, Gesundheit sowie Landwirtschaft) ist auch die frühere Forschungsanstalt für Milchwirtschaft FAM, welche heute in Agroscope integriert ist, seit über 100 Jahren in Liebefeld stationiert. Schon fast zum Inventar im Liebefeld gehört Hans-Peter Bachmann. Seit 1990 verrichtet er an diesem Standort seine Arbeit. Zuerst 4 Jahre als Doktorand der ETH Zürich und anschliessend mit einer Anstellung bei Agroscope. Hans-Peter Bachmann arbeitet heute als Forscher in der Forschungsgruppe «Käsequalität, Kulturen und Terroir», ist ein treuer Fan von einem Käseplättli mit verschiedenen Schweizer Rohmilchkäsen und geniesst dieses am liebsten mit einem guten Glas Wein.

Auf einem Betriebsrundgang besuchen wir zuerst die Versuchskäserei von Agroscope. In einem hohen Raum mit Hallenkran ist eine Käserei eingerichtet, in der man jeden nur erdenklichen Käse herstellen kann. Die Anlagen der Käserei sind alle mobil. «Dies ermöglicht uns einen flexiblen Versuchsaufbau, damit wir rasch zwischen verschiedene Produktionsverfahren wechseln können» so Hans-Peter Bachmann. Die Käserei hat total 8 Käsekessi mit einem Fassungsvermögen von jeweils 120 kg Milch. Dies ergibt bei Hartkäse ein Laib à 8-9 kg. «Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass wir von dieser Grösse gut auch auf grössere Laibe wie beispielsweise dem über 80 kg schweren Emmentaler-Laib schliessen können.» Damit dies gelingt werden die Käselaibe während der Pressung in einem Thermoschrank gehalten, damit die Temperatur gleich wie bei einem grösseren Laib abnimmt. Pro Woche wird in der Versuchskäserei an 2-3 Tagen Milch verkäst. «Genau in dieser Käserei haben wir den neuen Käse aus Milch von Simmentaler Kühen entwickelt», erklärt Hans-Peter Bachmann.

Hans-Peter Bachmann vor den für den Versand bereitgestellten Käsekulturen

Nach der Produktion werden die Käse im eigenen Keller gereift. Der Reifekeller hat verschiedene Räume, die unabhängig voneinander in der Temperatur und Luftfeuchtigkeit eingestellt werden können. So kann man für jeden Versuch die gewünschten Parameter im Keller definieren. «Leider können wir keinen Käse verkaufen, da beinahe die gesamte Produktion für die Analytik verwendet wird», meint Hans-Peter Bachmann mit einem Augenzwinkern auf die Frage, ob man ein Stück Käse kaufen könne.

Die meisten Forschungsprojekte werden in Zusammenarbeit oder auf Anstoss der Branche durchgeführt. Die Fragestellungen sind äusserts vielfältig und reichen von neuen Kulturen, über unterschiedliche Prozesse in der Produktion bis hin zu neuen Reifeverfahren.

Das Spezialgebiet von Hans-Peter Bachmann stellt die Entwicklung und Forschung an mikrobiellen Kulturen dar. So durfte bei unserem Besuch ein Blick in die Produktion der bekannten Liebefeld-Kulturen natürlich nicht fehlen. In einem streng abgetrennten Bereich mit erhöhten Hygieneanforderungen werden die rund 40 verschiedenen Kulturen hergestellt, respektive unter kontrollierten Bedingungen vermehrt, in Flaschen abgefüllt und an die Kunden, vor allem Käsereien, in der ganzen Schweiz 1x pro Woche per Post versandt. Je nach Käsesorte wird eine andere Kultur oder auch eine Kombination von verschiedenen Kulturen zur Produktion benötigt. So werden beispielsweise in der Produktion von Le Gruyère AOP nur Kulturen mit Milchsäurebakterien verwendet, während im Emmentaler AOP auch Propionsäurebakterien eingesetzt werden. Letztere führen auch zur Lochbildung im Emmentaler AOP. «Im neuen Käse aus Simmentaler Milch setzen wir nebst Milchsäurebakterien auch Propionsäurebakterien ein» erklärt Hans-Peter Bachmann. «Wir wollen jedoch nur eine schwache Propionsäuregärung ohne Lochbildung. Diese bewirkt ein einzigartiges, harmonisches Aroma beim Käse» schwärmt Hans-Peter Bachmann der die Kulturen für diesen Käse zusammengestellt sowie in der Entwicklung des Käses federführend war und selbst auch ein grosser Fan der neuen Käsesorte ist.

Für die Entwicklung von neuen Kulturen, kann Agroscope auf eine riesige Sammlung an verschiedenen Bakterienstämmen, sogenannten Isolaten zurückgreifen. Rund 15'000 verschiedene Isolate aus der ganzen Schweiz sind bei Agroscope in der Sammlung archiviert. Dies ist ein wahrer Schatz für die gesamte Milchbranche der Schweiz, welche sich als Liebefeld Kulturen AG zusammengeschlossen hat und zusammen mit Agroscope (Bund) im Besitz dieser einmaligen Sammlung ist.

Ohne die grosse Unterstützung seitens Agroscope wäre eine Entwicklung einer neuen Käsesorte, wie der Käse aus Simmentaler Milch, nicht möglich. Es braucht sehr viel Know-how und Erfahrung, damit man die Eigenschaften eines Käses wie gewünscht verändern und anpassen kann. Der Verein Simmentaler Original ist äusserst dankbar Agroscope mit Hans-Peter Bachmann als seinen Partner in der Entwicklung der neuen Käsesorte zu wissen.